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Vorläufige Ausgangsbeschränkung – was ist erlaubt?

Rechtslage in Bayern

Am 20.3.2020 hat das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona Pandemie erlassen, die die Bürger in ihren Rechten ab 21.3.2020, 0:00 Uhr, also ab Mitternacht von Freitag auf Samstag erheblich einschränkt.
Am 22.3.2020 hielt die Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Ansprache, in der sie von einem deutschlandweit einheitlichen Kontaktverbot sprach.

Was gilt aktuell?

Damit stellt sich für die Bürger in Bayern die wichtige Frage, was sie aktuell machen dürfen und was nicht. Wie die Polizeibehörden mitteilen, besteht hier reger Erklärungsbedarf und die Notrufnummern werden laufend dafür missbraucht, um anzufragen, was der Einzelne tun darf. Wir möchten hier daher einen groben Überblick darüber geben, was nach unserem Verständnis erlaubt ist.
Wichtig ist, dass in Bayern weiterhin die am 20.3.2020 erlassene Ausgangsbeschränkung gilt. Diese ist umfangreicher, als die in den meisten anderen Bundesländern erlassene Kontaktsperre. Hauptunterschied ist, dass die Kontaktsperre im Gegensatz zu der in Bayern verhängten Ausgangssperre den Kontakt im öffentlichen Raum zu einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person auch ohne wichtigen Grund gestattet.

Was ist erlaubt?

In Bayern ist seit dem 21.3.2020 „das Verlassen der eigenen Wohnung“ nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt und das betreten gewisser Einrichtungen untersagt.
Zunächst bestimmt die Verfügung, dass gewisse Einrichtungen nicht betreten werden dürfen. Diese sind:

  • Krankenhäusern,
  • vollstationären Pflegeeinrichtungen,
  • Behinderteneinrichtungen,
  • ambulant betreute Wohngemeinschaften,
  • Alten- und Seniorenresidenzen.

Dieses Verbot gilt ohne irgendwelche Ausnahmen und auch für Angehörige. Hintergrund ist hier, dass die dort untergebrachten Personengruppen häufig besonders gefährdet sind und somit eines besonderen Schutzes bedürfen.

Darüber hinaus soll das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei Vorliegen der folgenden triftigen Gründe erlaubt sein:

  • Ausübung beruflicher Tätigkeiten,
  • Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen sowie der Besuch bei Angehörigen helfender Berufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist
  • Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs
  • Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen außerhalb der oben genannten Einrichtungen
  • die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen
  • die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen im engsten Familienkreis
  • Sport und Bewegung an frischer Luft alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands und ohne sonstige Gruppenbildung
  • Handlungen zur Versorgung von Tieren.

Was bedeutet das im einzelnen?

Die Verordnung kann natürlich nicht jede einzelne Tätigkeit aufzählen, die erlaubt oder verboten sein soll. Es ist daher diesbezüglich eine Auslegung vorzunehmen. Im folgenden soll kurz erklärt werden, was nach unserer Auslegung gestattet ist. Wir müssen allerdings darauf hinweisen, dass es hierzu noch keine Rechtsprechung gibt und die folgenden Ausführungen unsere juristische Ansicht darstellen, die wir aufgrund einer verfassungskonformen Rechtsauslegung gewonnen haben:

Sozialer Kontakt verboten?

Die Allgemeinverfügung führt zunächst auf, es werde jeder angehalten, die physischen und sozialen Kontakte zu reduzieren. Die Gesetzesbegründung spricht dabei nur noch von Reduzierung der sozialen Kontakte. Dies unterliegt wohl einem groben Missverständnis. Soziale Kontakte sind selbstverständlich weiterhin erlaubt, aber nicht bei gleichzeitiger physischer Gegenwart am selben Ort. Der soziale Kontakt zur Oma, zum Onkel oder zu Freunden muss also nicht reduziert werden, er soll aber nicht in physischer Form erfolgen, sondern möglichst über das Telefon, über Videotelefonie oder in einer Form, die eine Ansteckung unterbindet, indem kein persönlich physischer Kontakt besteht.

Wichtig ist, dass die physischen Kontakte eingeschränkt werden und, sofern der Kontakt unvermeidbar ist, ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten wird, wie die Verfügung klarstellt.
Fahrgemeinschaften für Fahrten zur Arbeit sind vor diesem Hintergrund erlaubt, es sollte aber auf einen größtmöglichen Abstand innerhalb des Fahrzeugs geachtet werden, etwa diagonal verteilt.

Gibt es Ausnahmen für den Besuch im Krankenhaus?

Hier gibt die Allgemeinverfügung die Antwort bereits selbst. Zunächst scheint es zwar, dass die unter Punkt drei aufgeführten Kranken und Pflegeeinrichtungen ausnahmslos nicht besucht werden dürfen. Ein Erlaubnistatbestand ist jedoch in Nummer 5 unter den triftigen Gründen zu finden. Dort heißt es, dass die Begleitung Sterbender erlaubt ist. Dies muss auch für die in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen untergebrachten Personen gelten, für die im Übrigen ein absolutes Besuchsverbot besteht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass anders als beim Besuch von Alten und Kranken (Nr. 5 lit d), bei der ausdrücklich der Besuch außerhalb der entsprechenden Einrichtungen genannt ist, eine solche Einschränkung der triftigen Gründe bei der Begleitung Sterbender (Nr. 5 lit f 1. Alt) nicht benannt ist.
Hieraus folgt, dass im Falle des nah bevorstehenden Todes einer untergebrachten Person ein Besuch auch in entsprechend absolut geschützten Einrichtungen noch möglich ist.

Gibt es triftige Gründe, die nicht ausdrücklich im Gesetz stehen? Wann darf ich die Wohnung verlassen?

Ja! Die Aufzählung in Nr. 5 des Gesetzes ist nur beispielhaft. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzestext lautet: „Triftige Gründe sind insbesondere:...“ hieraus ist zu schließen, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. Etwas anderes kann sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung ergeben, die die Gründe, die das Verlassen der Wohnung erlauben, als im einzelnen aufgelistet ansieht. Der Gesetzeswortlaut geht hier der Begründung vor.
Es ist jedoch schwer, aus dem Gesetzestext zu entnehmen, was nun genau erlaubt sein soll und was nicht. Außer dem aus sich heraus verständlichen und klar formulierten Nr. 5 lit b (Inanspruchnahme medizinischer Versorgsleistungen) die Nr. 5 lit. c (Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs) und Nir. 5 lit. g (Sport und Bewegung).

Medizinische Versorgungsleistungen

Das Gesetz spricht ohne Einschränkung von sämtlichen Arztbesuchen und medizinischen Behandlungen sowie Besuche bei Angehörigen helfender Berufe und nennt hierzu ausdrücklich die Psycho- und Physiotherapeuten. Bei den Angehörigen helfender Berufe, besteht die Einschränkung, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist. Die Auslegung der Vorschrift lässt darauf schließen, dass reine Genussbesuche, wie etwa der Besuch eines Masseurs, ohne medizinische Notwendigkeit, wie etwa einer Verspannung, nicht erfolgen darf. Jeder andere Besuch, der in irgendeiner Weise medizinisch indiziert ist, etwa eine Ergotherapie nach einer OP, wird wohl als medizinisch dringend erforderlich anzusehen sein. Dringend erforderlich ist hier wohl weit auszulegen und bedeutet, dass bei Wegfall der entsprechenden Leistung mit zumindest vorübergehenden Einschränkungen des Gesundheitszustandes zu rechnen ist.

Versorgungsgänge

Die Verfügung spricht davon, dass Versorgungsgänge für Gegenstände des täglichen Bedarfs erlaubt sind. Der beispielhaften Aufführung in der Verfügung ist zu entnehmen, dass es sich nicht nur um den Erwerb von Gegenständen handeln soll, sondern auch um einige Dienstleistungen. Vor dem Hintergrund, dass gleichzeitig ausdrücklich „sonstige Dienstleistungen, wie etwa der Besuch von Friseurbetrieben“ aus dieser Erlaubnis ausgenommen sind, ist es schwierig, die erlaubten von den verbotenen Tatbeständen abzugrenzen.
Wir empfehlen hier eine Abgrenzung nach der Notwendigkeit vorzunehmen. Das Verbot des Friseurbesuchs lässt darauf schließen, dass auch die Fuß- und Nagelpflege, sofern sie nicht medizinisch dringend erforderlich ist, dem Verbot unterliegt.
Nicht dem Verbot unterliegen dürften nach unserer Einschätzung auch Besuche beim Rechtsanwalt, Fahrten zum Steuerberater oder der Besuch der Baustelle eines Bauherrn, der gerade sein Haus erbaut. Ebenso wird die Fahrt zu einer Kfz-Zulassungsstelle – sofern diese geöffnet hat – oder die Fahrt zum Versicherungsmakler zum Erwerb eines Versicherungskennzeichens oder zur Meldung eines Versicherungsschaden erlaubt sein. Dies sind Geschäftsgänge, die eine gewisse Dringlichkeit haben, da andernfalls die Nutzung des Kfz/Mofa nicht möglich ist, das gegebenenfalls für die berufliche Tätigkeit notwendig ist, oder Meldefristen oder zivilrechtliche Ansprüche verfallen.
Im allgemeinen wird hier eine vernünftige Betrachtungsweise, die ernsthaft infrage stellt, ob die Besorgung so wichtig ist, dass ein nicht zu vermeidender Kontakt hingenommen wird, zu einem passenden Ergebnis führen.

Sport und Bewegung an der frischen Luft

Es ist weiterhin uneingeschränkt erlaubt, an der frischen Luft spazieren zu gehen und Sport zu machen. Dabei nimmt die Verfügung keine Beschränkungen vor, weder bezüglich Ort noch Art der Bewegung. Der Sport wie ein Spaziergang kann also überall im Stadtgebiet und in Parks vorgenommen werden, sofern dort keine Sperrung vorliegt. Ebenso außerhalb der Stadt auf einem Feldweg, im Wald unter Beachtung der üblichen Vorschriften. Die Bewegung kann aber ebenso direkt vor dem Grundstück stattfinden, in dem etwa die Kinder dort mit dem Laufrad oder dem Fahrrad ihre Runden drehen. Allerdings gilt natürlich auch für Kinder die Maßgabe, dass diese keine Gruppen mit nicht zu ihrem Hausstand gehörenden anderen Personen bilden sollen. Hierauf haben die Eltern im Zuge Ihrer Aufsichtspflicht zu achten. Eine Absprache mit den Nachbarn, wer wann vor dem Haus „Sport macht“, kann dies erleichtern.

Ich darf ohne Grund die eigene Wohnung nicht verlassen. Darf ich in den Garten?

Sofern es sich um einen Gemeinschaftsgarten eines Wohnblocks handelt, fällt dieser mit Sicherheit unter die Bewegung an frischer Luft. Auch hier gilt natürlich wieder, dass keine Gruppen mit nicht zum Hausstand gehörenden weiteren Personen gebildet werden dürfen. Die Kinder eines Hausstands dürfen aber im Gemeinschaftsgarten zusammen spielen.
Sofern man einen eigenen Garten besitzt, ist dieser wohl als zur Wohnung gehörend anzusehen. Hier dürften keinerlei Beschränkungen vorliegen. Lediglich ist wieder darauf zu achten, dass der Mindestabstand von 1,50 m zur dem Nachbarn am Zaun eingehalten wird. Ansonsten bedarf es im eigenen Garten sicherlich keiner näheren Gründe für den Aufenthalt.

Wie mache ich den triftigen Grund glaubhaft, wenn mich die Polizei anhält?

Das Gesetz gibt der Polizei die Aufgabe, die Ausgangsbeschränkung zu kontrollieren. Der kontrollierte Bürger soll die triftigen Gründe gegenüber der Polizei dann glaubhaft machen. Für die Glaubhaftmachung wird es wohl ausreichen, wenn der Betroffene schlüssig und nachvollziehbar seinen Weg und die Gründe hierfür darlegen kann.

Rechtsanwalt Andreas Eberl

(Stand 24.03.2020)

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